Schwarz oder Weiß

Vor meiner Reise nach Island hatte ich Ausstellungen zur Fotografie von Toni Schneiders und Peter W. Schindler besucht, hatte einen mitreißenden Vortrag über das Werk Robert Häussers erlebt. Ihre stark kontrastierten, kompromisslosen schwarz-weißen Bilder beeindruckten mich stark.

Während der langen Abende im Zelt hatte ich genügend Zeit mir Gedanken über meine eigene Fotografie zu machen. Schließlich war sie einer der Gründe warum ich hier in der isländischen Einöde unterwegs war.
Wo ist meine Position zwischen Farbfotografie und der in schwarz-weiß?

Auszug aus dem Tagebuch 2014:

„Ist Fotografie in schwarz-weiß nicht ein brutales Mittel der Bildbearbeitung? Egal ob durch die Wahl des Films oder der Anwendung von Bildbearbeitungsprogrammen? Ok, am Anfang hatten die Pioniere nur schwarz-weiß, später war Farbfilm einfach zu teuer. Alleine deswegen wurde über Generationen in Grautönen fotografiert. Wenn ich aber die Augen öffne oder durch den Sucher meiner Kamera schaue, sehe ich die Welt in Farbe. Gibt es für mich einen Grund, grundsätzlich auf die Farben der realen Welt zu verzichten? Als künstlerisches Mittel – ja, grundsätzlich – nein! Ich würde mich ohne Not eines wesentlichen ästhetischen Bestandteils unserer Welt berauben.“

Ein weiteres Zitat aus dem Reisetagebuch::

„Auf den ersten Blick bietet sich die Landschaft aus Lavafelsen geradezu für schwarz-weiß an. Gibt man sich ihr eine Weile hin, lässt sich in ihr treiben, nimmt man feinste Farbnuancen wahr. In verhaltenen Tönen offenbart sich das gesamte Spektrum. Zarte Farben machen mir die Landschaft erträglich, machen sie für mich seelisch zugänglich. Dieses Element zu eliminieren, in schwarz-weiß zu wandeln, würde der Landschaft ihre besondere Schwingung rauben, würde sie töten.

Ich schaue mir den Himmel an. Dicke, dunkle und zarte, helle Wolken wechseln sich in rascher Folge ab. Diesen Himmel in schwarz-weiß darstellen, würde ihn in Grautöne wandeln. Ihm wäre die Hoffnung genommen, die mir sein Blau hier draußen gibt. Ich sitze vor dem Zelt im kalten Wind, schreibe und warte auf den nächsten Regen. Neben mir der Pott mit heißem Tee. Beides, der wärmende Tee und das verwaschene Blau des Himmels heben meine Stimmung. Daher vielleicht meine Gedanken.

Drehe ich mich um, sehe ich den dunkel drohenden Klotz des Herthubreids. Seine gewaltige Gestalt beherrscht die Landschaft. Aber selbst er hat nur in seinen tiefsten Schattenlöchern wirkliches Schwarz. Der Rest besteht durchaus nicht nur aus Grau. Vorherrschend sind braun, beige, rötlich, gelblich. Dazwischen das blendende Weiß alten Schnees in tief eingeschnittenen Rinnen. In einer von ihnen entdecke ich ein feines Spiel ins bläulich-violette. Wahrscheinlich könnte ich mit jeder Schwankung des Lichtes neue Farben entdecken. Wollte ich den Herthubreid malen, müsste ich mich sehr intensiv mit meiner Palette auseinandersetzen. Vielleicht kommen mir diese Gedanken auch weil ich allen täglichen Reizen entzogen bin?“